Interviews
„Man kann es nicht immer allen recht machen“ – Interview mit Sam Loeffler von Chevelle
Mit „The North Corridor“ haben Chevelle am 08.07.2016 bereits ihr achtes Studioalbum veröffentlich. Die Band um die beiden Brüder Pete und Sam Loeffler und deren Schwager Dean Bernardini war zuletzt Ende 2014 in Deutschland zu sehen, dabei u.a. bei Rock am Ring und Rock im Park. Aktuell sind Chevelle mit BUSH auf großer Co-Headline-Tour in den USA unterwegs. In Deutschland An ihrem freien Tag bot sich uns die Gelegenheit zu einem Telefonat mit Chevelle-Schlagzeuger Sam Loeffler.
museek: Hi Sam! Danke, dass du dir die Zeit nimmst für ein Telefon-Interview.
Sam Loeffler: Gerne doch. Danke dir für dein Interesse.
Vor nicht allzu langer Zeit habt ihr als Vorband von Rammstein in Chicago gespielt. Hast du dich schon von diesem „Kulturschock“ erholt?
Nein, definitiv nicht. (lacht) Wir haben zwar Rammstein schon in YouTube-Videos gesehen aber jetzt zum ersten Mal live. Wir haben uns auch das komplette Konzert angesehen und es war verdammt beeindruckend, was die Band abgeliefert hat. Viel Feuer vor allem. Die Bühnenshow war gigantisch und hat uns sehr inspiriert.
Aktuell seid ihr mit BUSH auf Co-Headlining-Tour unterwegs. Wie läuft die Tour bisher?
Es läuft sehr gut und macht unheimlich Spaß mit BUSH zu touren und mit ihnen auf einer Bühne zu stehen. Wir sind befreundet und haben uns sehr auf das Wiedersehen mit Gavin Rosdale und seiner Band gefreut.
Coole Frage. BUSH gibt es ja schon ein paar Jahre länger als Chevelle. Ihr erstes Album erschien 1994, unseres erst 1999. Natürlich erzählen wir viel von früher und über unsere Erlebnisse. Da sind echt tolle Geschichten dabei. Aber natürlich reden wir auch über das, was hier und jetzt passiert. Es ist wirklich etwas Besonderes für uns, dass es Chevelle nach 21 Jahren als Band immer noch gibt. Wir beide Chevelle und BUSH stehen auf der Bühne und spielen Musik, die wir lieben. Noch dazu lernen wir viele nette Menschen kennen. Wir feiern einfach das Hier und Jetzt und haben zusammen eine echt gute Zeit.
Ist es nicht auch manchmal schwierig, wenn man die ganze Zeit von seiner Familie unterwegs ist? Braucht man da nicht auch mal Abstand voneinander, besonders nach einer langen Tour?
Manchmal ist das wirklich nicht so einfach. Vor allem dann nicht, wenn man von einer Sache unterschiedliche Auffassungen hat. Bei Chevelle versuchen wir aber uns eher als Kollegen zu behandeln anstatt als Familienangehörige. Im Büro kannst du ja schließlich auch nicht mit Sachen um dich schmeißen oder dich prügeln. Natürlich sagen wir uns auch mal die Meinung aber wir versuchen das so gut wie möglich vom Privatleben zu trennen. Und wenn man ehrlich ist gibt es immer mal wieder Momente, in denen man einfach mal eine Pause von einem anderen Menschen braucht. Sowohl bei einer Geschäftsbeziehung bzw. einer Band als auch im Privatleben. Etwas Abstand tut auch manchmal ganz gut.
Ziemlich ehrliche Antwort.
Ja aber darum geht es doch auch. Wenn du nicht ehrlich zu dir selbst bist und zu den Menschen, mit denen du täglich zu tun hast, dann kann das alles nicht funktionieren. Deshalb wollen wir das auch so professionell wie möglich machen. Und bis jetzt hat das alles auch sehr gut funktioniert.
Bisher sind die Reaktionen großartig. Man weiß ja vorher nie, wie die neue Platte bei den Fans ankommt. Daher sind wir wirklich sehr zufrieden. Die neuen Songs sind ehrlich gesagt ziemlich schwer zu spielen und die Vocal-Parts von Pete sind auch wirklich hart. Er singt alle Lyrics von der Platte alleine und das ist eine echte Herausforderung. Trotzdem macht es ziemlich viel Spaß die Songs von „The North Corridor“ live zu spielen, da können wir uns so richtig austoben.
Die neuen Songs brauchen natürlich auch genügend Raum in eurer Setlist. Andere Songs fallen dafür raus. Wie sehr blutet euch da manchmal das Herz?
Eine Setlist zu schreiben ist wirklich verdammt schwer. „The North Corridor“ ist unser achtes Album und natürlich versucht man immer, möglichst alle Alben in der Setlist unterzubringen. Das ist aber gerade bei einer Support-Tour nicht so einfach, weil wir dann nicht so viel Spielzeit haben. Bei unseren eigenen Shows spielen wir immer so um die 18, 19 Songs, daist das alles einfacher. Trotzdem kann man es natürlich nicht Allen immer recht machen. Wir versuchen aber immer mal wieder zu varieren und unsere Fans zufriedenzustellen.
Wann habt ihr mit den Aufnahmen zu „The North Corridor“ begonnen und wie lange hat es insgesamt gedauert, bis das Album im Kasten war?
Angefangen haben wir ca. im Januar oder Februar 2015. Pete schreibt eigentlich immer, auch im Bus. Alleine auf seinem Handy hat er an die 100 Ideen für neue Songs gesammelt. Insgesamt hat es ca. ein gutes Jahr gedauert, bis das Album fertig war.
Wie schwer fällt es euch, immer wieder neue Sounds zu entwickeln, um euch nicht selbst zu wiederholen aber trotzdem dem Chevelle-Stil treu zu bleiben? Woher nehmt ihr eure Inspiration?
Das kostet uns wirklich jede Menge Zeit und viel Energie. Wie du schon sagtest wollen wir uns nicht in irgendeiner Form wiederholen und uns als Band weiterentwickeln. Pete hat in den letzten Jahren eine Leidenschaft für Horrorfilme entwickelt und die Lyrics auf „The North Corridor“ sind sehr von ihnen inspiriert. Ansonsten inspiriert uns natürlich das, was um uns rum und in der Welt passiert. An Themen für Songs wird es uns also wahrscheinlich nie mangeln.
Ist „The North Corridor“ so geworden, wie ihr es euch von Anfang an vorgestellt habt oder gab es während den Aufnahmen bzw. während des Enstehungsprozess noch größere Änderungen?
Nein, Änderungen gab es keine. Das Album ist genau so geworden, wie wir es uns vorgestellt haben. Wir wollten härtere Songs aufnehmen und haben das auch vom ersten Tag an durchgezogen. Das ist die Art von Musik, die wir selbst lieben und die vor allem live richtig gut abgeht. Wir sind wirklich sehr zufrieden mit damit.
Hast du einen persönlichen Favoriten auf dem neuen Album?
Ich mag den ersten Song „Door to Door Cannibals“ sehr gerne. Meine Schlagzeug-Parts darin finde ich wirklich cool und es hat auch total Bock gemacht, den Song einzuspielen.
Naja, es gibt ja immerhin auch noch eine Special Edition, die immerhin 15 Dollar kostet. Aber wenn wir ehrlich sind dann müssen wir auch sagen, dass wir eigentlich mit jeder verkauften CD Geld verlieren. Durch Merchandising und Konzerte können wir das aber glücklicherweise wieder ausgleichen und den Break Even Point erreichen. Auf der anderen Seite ist der günstige Preis aber vielleicht auch ein Anreiz für Leute, die Chevelle noch nicht kennen, in das neue Album reinzuhören und zum Fan zu werden.
Ist in deinen Augen nicht auch ein wenig die Wertschätzung für einen Musiker oder eine Band verloren gegangen? So gut wie alles kann man auch kostenlos im Internet finden.
Ich glaube schon, dass das so ist. In Zeiten von YouTube kannst du dir immer und überall deinen Lieblingssong oder dein Lieblingsvideo reinziehen. Du musst nicht mal eines unserer Konzerte besuchen, weil zig Leute mit ihren Smartphones vor der Bühne stehen, alles filmen und später ins Netz stellen. Viele Plattformen führen jetzt kostenpflichtige Abos ein oder haben sowas schon, was ich echt gut finde. So bekommen wir dann auch einen kleinen Teil des Kuchens ab. Wenn die Leute aber die Wichtigkeit und den Wert von Kunst vergessen – und Musik ist auch eine Kunst – dann kann das ganze System nicht mehr funktionieren.
Immerhin haben wir Chevelle 1999 durch einen Online-Radiosender entdeckt. Das Internet ist also wiederum auch gar nicht so schlecht. Sowohl für Fans wie auch für Künstler.
Da sagst du was Wahres. Ich bin der Meinung, dass Streaming ganz klar die Zukunft gehört und wir da noch lange nicht am Ende des Möglichen angekommen sind. Es wird auf jeden Fall spannend sein zu beobachten, wie sich das alles letztendlich noch auf die Musikindustrie auswirken wird.
Ja, die gibt es tatsächlich. Im Oktober spielen wir in Kanada und Mexiko und im Frühjahr kommen wir dann wieder nach Europa. Dann werden wir auch wieder für fünf Konzerte in Deutschland sein. Allerdings wird das eine Support-Tour sein. Ich kann dir leider noch nicht verraten, mit wem wir auf Tour sein werden aber in Kürze werden wir das bekanntgeben. Wir freuen uns jedenfalls schon darauf, wieder nach Deutschland zu kommen. Wir hatten bei unserem letzten Besuch 2014 eine echt gute Zeit, haben viele nette Menschen kennengelernt und viel gesehen und erlebt.
Vor 2014 wart ihr nur ein einziges Mal in Deutschland, nämlich 2003. Wie ist diese große Lücke zu erklären?
Ohne Label im Rücken ist das natürlich alles sehr teuer. Allein die Flüge und der Transport des Equipments hätte uns ein Vermögen gekostet. Wir haben lange Zeit alles selbst finanzieren müssen und das war zur damaligen Zei für uns nicht zu stemmen. Heute sieht das zum Glück anders aus aber damals konnten wir uns das einfach nicht leisten. Umso mehr freuen wir uns jetzt auf die Europa-Tour 2017.
Sam, es war uns eine Ehre und eine Freude mit dir zu sprechen und wir freuen darauf, Chevelle 2017 wieder in Deutschland willkommen zu heißen. Alles gute für den Rest eurer US-Tour!
Ich danke dir für deinen Support für Chevelle! Wir sehen uns 2017. Bis dahin hab ne gute Zeit.
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